Mittwoch, 27. August 2008

Da Shang

Heute möchte ich eine Person aus Tianzhen Garden vorstellen, und zwar Da Shang.

Er ist der Kleinste hier mit seinen 8 Jahren (wahrscheinlich ist er erst 7, da man in China mit der Geburt ein Jahr zählt). Da Shang ist ein kleines Energiebündel, wie es nicht besser geht. Für chinesische Verhältnisse gilt er schon als schwererziehbar, ganz zum Leid aller anderen. Aber er ist immer gut gelaunt und springt durch die Gegend und stellt allerlei Unfug an, was mit drakonischen Strafen geahndet wird. Seitdem ich hier bin, gab es keinen einzigen Tag, wo er keine Tracht Prügel bekommen hat. So wird er getreten, geschlagen und vom Platz gezerrt in übelster Weise, was uns Deutsche sprachlos macht. Seine Arme und Beine sind entsprechend zerschunden. Da Shang nimmt aber alles gelassen und grinst unentwegt, wenn er mal weint, dann nur für wenige Augenblicke. Wir Deutschen haben ihn alle lieb gewonnen, da er einfach drollig ist. Selten sieht man so vergnügte lebendige Kinder und er kann vom Toben mit uns nicht genug bekommen. Leider sorgen wir durch unsere Zuneigung ihm gegenüber für Eifersucht bei den anderen Kindern. Auch das weckt immer stärker unseren Beschützerinstikt, der uns nicht mehr schweigend zuschauen lässt, wenn Da Shang wieder verhauen wird, weil er nicht gerade sitzt beim Essen. Dennoch kann er ziemlich nerven, was die Einstellung der Chinesen etwas mehr verständlich macht. So steht die Küche nach seinem Waschgang immer unter Wasser, während das Geschirr genauso dreckig ist wie vorher. Auch muss man damit rechnen, dass einem beim gemeinsamen Abwaschen auch mal eine halbe Tomate an den Kopf klatscht. Wenn Da Shang in der Nähe ist, ist Vorsicht und Aufmerksamkeit geboten, sonst wird man schnell schmutzig. Da ich das von Kindern seines Alters aber durchaus kenne, finde ich ihn dennoch sehr liebenswürdig. Ich staune, wie schnell er lernt. Oft sagt er etwas in Englisch, wo ich mich frage, wo er das aufgeschnappt haben kann. Und dabei ist sein Englisch richtig gut. Auch Deutsch ist ab und zu drin. Da Shang liebt es am meisten auf mir rum zuklettern. Ohne Furcht vorm Runterfallen klettert er ohne Hilfe auf meine Schulter, wenn ich normal stehe. Er lässt sich durch die Luft schmeißen und ist extrem kitzlig. Auch wenn wir nichts verstehen, ist er ununterbrochen am Quasseln. Ab und an bringt er uns so auch ein paar chinesische Worte bei. Und auch wenn es schwer ist, ihm Grenzen zu setzen, wenn er beschäftigt werden will, habe ich Da Shang einfach sehr lieb gewonnen.

Sonntag, 24. August 2008

Allgemeiner Bericht

Die letzte Woche war, auch wenn es nichts zu tun gab, ziemlich stressig. Wir versuchen nach wie vor an eine Visaverlängerung zu kommen, wobei wir nie wirklich wissen, wie der Stand der Dinge ist. Jedenfalls mussten wir uns letzte Woche einem Gesundheitcheck unterziehen. Der erste Anlauf scheiterte daran, dass das Krankenhaus geschlossen hatte, als wir ankamen. Der zweite Anlaufe scheiterte so halb, weil wir nicht genügend Geld mit hatten - zweimal umsonst für einen halben Tag nach Beijing gefahren. Da klatsch ich mir dann doch an den Kopf und frag mich, warum man so etwas nicht vorher in Erfahrung bringen kann. Lukas und ich hatten Glück, dass ich zufällig mein gesamtes Geld mit dabei hatte und das für uns beide finanzieren konnte. Fabian und Matthias haben aber nach ihrer blöden Postbank suchen müssen. Bei einem Versuch, Geld abzuheben, wurden sie dann auch prompt um 200 Euro vom Automaten beschissen, sodass sie jetzt pleite sind. Ich bin so froh, dass ich mir nicht auch so ein Konto gemacht habe, wenn ich sehe, was für einen Stress die beiden hier damit haben. Fabian und Matthias sind jetzt jedenfalls so frustriert, dass sie eigentlich das Handtuch werfen wollen und nach Hause möchten. Ob wir sie noch lange davon abhalten können, ist ungewiss. Momentan herrscht eine gewisse Spannung zwischen uns und der Einrichtung, weil ihr Weggang nicht im Interesse der Einrichtung wäre. Lukas und ich stehen da zwischen den Fronten, aber auch wenn wir andere Absichten haben, so werden wir doch alle über einen Haufen gekehrt (- oder auf einen Haufen gekehrt? ... oder über einen Kamm geschoren?- ach wie auch immer). Inzwischen haben wir beide mit Chinesischunterricht begonnen, der sehr amüsant ist. Ich merke auf jeden Fall, dass ich etwas dabei lerne. Inzwischen verstehe ich Wörter, die ich kenne, im fließenden Gerede. Mein Tai Chi - Training wurde auch geupgraded auf 3 mal am Tag, aber bis jetzt hatte ich noch nicht viel davon, weil ich ständig irgendwo rumkurve. Abends gehen wir ziemlich häufig auswärts essen, wonach ich mich sehr sehne, weil ich das Essen der Einrichtung echt nicht mehr sehen kann. Es gibt früh, mittags und abends immer wieder das Gleiche mit geringen Variationen und zu 95 % veganisches Essen. Als jemand, der kein Gemüsefan ist und Aubergine hasst wie die Pest, ist das eine große Qual. Essen auf der Straße oder im Restaurant ist hingegen immer wieder großartig. Gestern waren wir chinesisches BBQ essen.

Irgendwo am Straßenrand hat sich da ein Stand niedergelassen und ein paar Tische aufgestellt. Das war dann das Zentrum des Nachtlebens. Wir haben allerlei gegrilltes Zeug gegessen, angefangen mit Tofu, Glasnudeln und Fischbällchen bis hin zu Nieren, Hühnerknorpel und Magen. Das dazwischen hatte ziemlich lecker geschmeckt. Nein, eigentlich war alles gut. Auf dem Tisch sah es danach wieder aus wie im Saustall, und die Knochen wurden auf den Boden geschmissen. Ratz batz waren aber auch die weg, weil einen ständig Straßenhunde um die Beine schleichen.

So hab ich mir China immer vorgestellt und diese Abende genieße ich unendlich doll.

Massage

Gestern Abend haben sich Terry, Lukas und ich den Luxus gegönnt und sind zur Massage gegangen. Für diesen Zweck gibt es wie für alles riesige Anlagen, die nur dafür eingerichtet sind und über Unmengen Personal verfügen. Terry und ich haben das volle Programm genommen (also das ganz volle nicht, davor wurden wir hier extra noch einmal gewarnt ^^). Das bestand aus einem Rundumglücklich-Programm, wonach man sich wie neu geboren fühlt. Zuerst geht man in einen Whirlpool mit Sauna, wobei es bei der Sauna keine Abkühlung gibt. Es gibt zwar ein Tauchbecken, aber das ist pupswarm. Anschließend wird man gewaschen. Das heißt, man legt sich auf eine Liege, wird mit warmen Wasser übergossen und jemand rubbelt dann mit einen Handschuhschwamm den Körper ab. Den ganzen (!) Körper... ist für unsereins doch recht ungewohnt. Letztlich kam ich mir vor wie ein Hund, der mit so einem Bürstenhandschuh geschrubbt wird. Anschließend wurde ich mit einer Art Honigmilch eingerieben und durfte nochmal in die Sauna. Nach einem letzten Duschen bekommt man dann hauseigene Kleidung und wird in kleine Räume geführt, wo dann Betten stehen mit großen Plasmafernseher. Dort macht man sich’s dann bequem, bekommt massig Wassermelone und Tee oder Kaffee und guckt in die Röhre. Wir haben „Ein Schweinchen namens Babe“ gesehen. Ihr glaubt ja gar nicht, wie ulkig die Schafe in Chinesisch klingen. Nach wenigen Minuten kamen dann unsere Masseurinnen. Angefangen wurde mit 60 Minuten Fußmassage, anschließend gab es 40 Minuten Ganzkörper („without dick“, wie mir Terry noch ausdrücklich und scherzhaft klarmachte, der offensichtlich sehr geprägt wurde von seinem beiden Auslandsjahren in Neuseeland). Ich weiß ja nicht, wie Massage in Deutschland abläuft, aber ich war doch recht überrascht, wie grob und hemmungslos doch einige Köperzonen behandelt wurden. Es wurde gedrückt, geklopft, geklatscht und gekratzt. Letzteres sogar so, dass Lukas danach geblutet hat. Teilweise war die Massage echt schmerzhaft und es fiel schwer, sich zu entspannen. Lukas kann ich, glaub ich, nicht noch einmal dazu überreden.
Auch wenn es sehr gewöhnungsbedürftig ist, fand ich es doch sehr erholsam. Für mich war es auf jeden Fall nicht das letzte Mal. Der ganze Spaß von insgesamt drei Stunden Wellness hat dann übrigens knapp 10 Euro gekostet.

Donnerstag, 21. August 2008

Disziplin

Als wir uns für einen Waldorfkindergarten beworben haben, hatten wir allesamt andere Vorstellungen über das Leben hier. Wir verbanden im Großen und Ganzen Antiautorität damit. Dass es nicht so ist, haben wir alle schon am ersten Tag zu spüren bekommen. Wie schon früher beschrieben, haben wir alle einen festen Tagesablauf, an den wir uns zu halten haben. Von 6:00 Uhr Aufstehen bis 21:30 Uhr Bettruhe ist inkl. Mittagsschlaf alles durchorganisiert. Man sieht es zwar nicht so eng, wenn wir nach dem Mittag oder abends noch unser eigenes Ding machen, aber man sieht es nicht gerne. Sauberkeit ist das A und O im Leben, wie Lukas erklärt wurde. Es sieht zwar nicht so aus, aber hier wird jeden Tag sauber gemacht. Liegt wahrscheinlich an den verfügbaren Mitteln, dass es trotzdem immer schmutzig ist. Die Zimmer müssen stets aufgeräumt sein und die Betten werden jeden Morgen gemacht. Dabei ist es wichtig, wie sie gemacht werden. Sie müssen exakt quadratisch sein mit eckigen Kanten und nirgends darf etwas überstehen.

Ein Anfänger braucht dafür locker 15 Minuten. Vor jedem Essen werden eine Danksagung und ein klassischer Text vorgetragen und nach dem Essen kann man Punkte für gutes Benehmen erlangen.

Wann immer man jemanden sieht, verbeugt man sich und grüßt. Zum Tai Chi joggt oder marschiert man im Gleichschritt. Vor jeder Gruppentätigkeit wird durchgezählt und eigentlich gibt es auch Einheitskleidung. Ich kann mich mit all dem noch einigermaßen anfreunden, aber oft wird die Einrichtung hier mit unserer Vorstellung vom Bund verglichen. Dass es sich um keinen Waldorfkindergarten in dem Sinne handelt, sieht man spätestens beim Umgang mit den Kindern. Sie werden regelrecht gezüchtigt. Sie werden geschlagen, wenn sie beim Essen nicht gerade sitzen, umhergucken oder gar reden. Einmal sollte ich im Kindergarten Klavier spielen. Die Kinder mussten sich im Schneidersitz auf den Boden setzen und mir lauschen. Dabei waren sie gerade mal 2-5 Jahre alt.
Wir haben, was das betrifft, immer eine Extrawurst, bei uns ist es mehr oder weniger egal, wie wir uns verhalten. Aber ich merke sehr, dass je stärker wir uns assimilieren, desto doller freuen sie sich.

Sonntag, 17. August 2008

Allgemeiner Bericht

Ich habe mir jetzt eine Kamera gekauft und kann euch absofort auch mit Bildern versorgen. Den Link zu meinem Webalbum findet ihr rechts.
Ich würde mich im Übrigen sehr über Comments freuen.

Freitag, 15. August 2008

Restaurantbesuche

Restaurantbesuche sind immer wieder eine sehr amüsante Angelegenheit, weil man da wirklich mit allen Problemen einer fremden Kultur unausweichlich konfrontiert wird. Ich möchte hier drei Erlebnisse zusammenfassen.
Vorgestern waren wir mit Terry, dem Sohn vom Leiter der Einrichtung essen. Er hat uns in einem Universitätsviertel in ein typisch chinesisches Restaurant eingeladen, wo du deinem Essen am Eingang noch kurz in die Augen schauen darfst. Auch wenn es erst um 9 war, so waren wir die letzten Gäste im Restaurant. Wie üblich, bestellt jeder etwas und alle essen davon. (In China gibt es deshalb fast immer runde Tische mit Drehplatte in der Mitte.) Wir haben größtenteils uns Bekanntes bestellt, ließen uns aber hier und da auch zu Neuem überreden. So gab es Dinge wie Ochsenfrosch in Pfeffersud, der die Zunge betäubte, und in Scheiben geschnittene Schweineohren, wo man deutlich den Knorpel rausschmeckte. Aber wir werden komisch angeguckt, wenn wir Orangenbrause mit Bier zu einem Radler mixen...
Das zweite große Manko ist natürlich die Kommunikation. Wir versuchen jedes mal unsere Bestellung irgendwie in Chinesisch radezubrechen. Allerdings muss man schon wissen, was man will, denn mit einer Speisekarte kann man hierzulande nichts anfangen. Letztes mal wurden wir mehrfach gefragt, ob wir wirklich Cola wollen. Wir nickten und haben unsere Bestellung aufgegeben. Alles kam, bis auf die Cola. Lukas ging dann los um irgendwo Cola zu kaufen, nachdem wir unsere Scherze machten, wieso es denn solange damit dauert. Doch dann bekamen wir unsere Cola: große Suppenschüsseln voll geschmackloser Brühe mit Fleischgefüllten Nudeln. Wir haben uns nicht mehr eingekriegt vor Lachen und haben brav gegessen. Lukas kam dann auch mit richtiger Cola. Was wir bestellt hatten? Keine Ahnung.
Die Krönung unserer Abenteuer war ein abendlicher Abstecher zum „Supermarkt“ in ChengGuan, um Bier zu kaufen. (So ein Scheiß, ich gewöhne mir das hier voll an.) Als wir alles hatten, kamen wir an einem Restaurant vorbei, wo ein paar Leute mit Baozi davor saßen. Baozi kannten wir nun schon aus Beijing und wir hatten noch Hunger. Also haben wir gefragt, ob wir welche haben könnten. Prompt wurden wir hineingebracht und sollten uns die Hände in einer Waschschüssel waschen, die extra für uns noch mit frischem Wasser gefüllt wurde, und wurden an einen Tisch gesetzt. Eigentlich wollten wir nur drei Baozi zum Mitnehmen... Uns wurde ein riesiges Tablett aufgetischt mit Baozi und irgendeinem Fleisch und bekamen jeder eine Cola. Dann fing das Gefrage an. Wir verstanden nichts. Also ließen wir uns die Fragen in Pinyin aufschreiben (Pinyin ist die Lautumschrift, die aber nicht jeder kann), um sie dann mit Wörterbuch übersetzen zu können. Übersetzungen wie „Zwiebelgemüße“ oder „Gebüsch“ halfen uns aber auch nicht weiter, sie brachten uns nur zum Lachen. (Im Chinesischen hat jedes Wort zig Bedeutungen). Es wurden immermehr Leute hinzugezogen, aber die verstanden wir natürlich auch nicht. Die Krönung war dann eine Englischsprechende, die sie wahrscheinlich von irgendwoher gerufen haben und die vielleicht 5 Worte Englisch konnte, darunter „Hotel“. Uns wurde langsam bewusst, dass die Leute sich Sorgen machten, wo wir denn schlafen, aber erklären war zwecklos. Entschlossen haben wir dann unsere 10 Yuan (1 €) bezahlt und sind gegangen, weil jegliche Kommunikation aussichtslos war.. Allerdings ist uns die Meute mit Fahrrad hinterher gefahren, um zu sehen, wo wir denn nun wohnen. Inzwischen kennt uns, glaube ich, das ganze Dorf. Aber egal wie verzwickt ein Essen sein kann, es ist immer ein Grund zum Lachen.

Donnerstag, 14. August 2008

Die Wirkung des Qis

Unser morgentliches Tai Chi Training kann ja manchmal ziemlich stressen. Jeden morgen werden wir um 6 aus den Betten gescheucht, sollen uns schlaftrunken dehnen, joggen eine kleine Runde und machen anschließend unsere Übungen. Ich bin ja nun der unter uns, der an das alles noch am meisten glaubt und der sich in der Hinsicht auch am meisten auskennt, aber vieles kommt auch mir immer etwas komisch vor. Laut der Theorie nehmen wir zum Kosmos Kontakt auf, und tauschen mit ihm Energien aus. Dabei ist es nicht egal, wann man Tai Chi / Qi Gong praktiziert, sondern alles folgt seinen festen Regeln, die mir bisher unbekannt waren. Leider verstehen wir die Erklärungen noch nicht, da sie alle auf Chinesisch sind und uns wird nur teilweise von meinem „Dolmetscher“ übersetzt. Was er dann erzählt, wirkt stets sehr mystisch. Es gibt soviele komplexe Zusammenhänge zwischen Elementen (Feuer, Wasser, Erde, Holz, Metal), Organen (Herz, Nieren, Lunge, Leber, Milz), Tageszeiten und Jahreszyklen, die schwer zu durchschauen sind, aber alle die Effektivität des Trainings beeinlussen. Aber „Die Theorie ist egal, wichtig ist das regelmäßige Training“, so wurde mir gesagt. Als unerfahrener Laie kommt man sich dabei vor wie in einer Sekte. Man steht da, mit den Armen in runder Haltung oder gen Himmel gerichtet, und gibt ein paar tiefe brummende Laute von sich, die man in den Körper hinein presst. Ich versuche stets den Anweisungen zu folgen, leider weiß ich oft nicht so recht, was ich genau mache oder machen soll. Dennoch habe ich das Gefühl, dass es mit jedem Mal mehr wirkt. Vielleicht ist es nur Einbildung, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls habe ich inzwischen jedes Mal nach den Übungen knallrote heiße Hände. Gestern wurde mir nun der Beweis gegeben, dass es diese Energie wahrhaftig gibt und es keine Spinnerei von alten Leuten ist. Unser Meister hat seine Hände etwa 50 cm auseinander vor sich gehalten, die Handflächen zueinander zeigend. (Es gibt einen Punkt in der Mitte des Handtellers, aus den Qi strömt, welches man kontrollieren kann. Die Punkte der beiden Hände sollten immer aufeinander zeigen, sodass man einen Fluss erzeugen kann.) Wir sollten unsere Hände zwischen seine halten und sagen, ob wir etwas spüren. Der Meister machte nun seine Konzentrationsübung mit den tiefen lauten Geräuschen. Mit jedem Laut war eine deutliche Hitzewelle spürbar, die eindeutig von seinen Händen ausging, die er aber nicht bewegt hat. Jeder von uns hatte unabhängig von einander das gleiche Empfinden, der eine stärker, der andere schwächer. Mich hat das fürchterlich beeindruckt. Auf jeden Fall gehe ich jetzt erneut mit einer anderen Motivation ans Training als vorher. Aber ob ich das je lernen werde ist fraglich. Immerhin hat mein Meister mit 6 angefangen und hat sein Leben lang nichts anderes gemacht.

Mittwoch, 13. August 2008

Chinesische Arbeitsteilung

China ist ja bekanntermaßen ein Land, welches überquillt an Menschen. Dieser Tatsache sieht man im Grunde jederzeit ins Auge, in Geschäften, auf der Straße, aber vor allem überall dort, wo es Arbeit gibt. So kommen schätzungsweise auf jeden deutschen Angestellten 3 Chinesen. Da die Arbeit trotzdem die gleiche bleibt, gammeln sehr viele Chinesen einfach nur rum oder arbeiten sehr ineffektiv. Bemerkenswert für uns sind immer wieder Jobs, die für uns einfach keinen Sinn ergeben. So gab es in der Billardhalle zum Beispiel 4 Angestellte, deren Aufgabe es war, die Kugeln nach jedem Spiel wieder zum Dreieck zu ordnen. Im KTV gab es massig Leute, die einen nur die Tür aufhielten und die Gäste verabschiedeten.

Parkplatzeinweiser sind auch sehr beliebt. Insgesamt sieht man viele Leute, die den größten Teil ihrer Arbeitszeit wartend verbringen. Ebenso ist es hier in der Einrichtung. Es gibt Arbeiter im Überfluss und wir sind hier nicht wirklich gefragt. Nur sind wir auch die, die am meisten nach Arbeit brüllen, was Chinesen irgendwie nicht nachvollziehen können. Am Montag haben wir mitgeholfen einen alten Stall einzureißen (mit bloßen Händen, zu viert haben wir eine ganze Steinwand umgestoßen) und neue aufzubauen. Mit größtem Ehrgeiz und Teamwork haben wir die Aufgabe in null komma nix erledigt, welche uns, glaube ich, für die ganze Woche aufgegeben war. Nach der Mittagpause wusste man schon nichts mehr mit uns anzufangen. So wurde ein Arbeiter geweckt, der uns irgendwohin fahren sollte, wo wir Steine stapeln sollten. 3 Leute haben uns dabei zugesehen. Dass diese Arbeit absolut sinnlos war, haben wir schnell begriffen, als der nächste Laster mit Steinen kam.

Dienstag, 12. August 2008

Mein Geburtstag

Also mein Geburtstag lief seeeehr unspektakulär ab. Ich wurde um 6 geweckt, wie immer, und meine 3 Mitfreiwilligen haben mir gratuliert. Von den Chinesen habe ich Fuwas mit Blinklichtern bekommen (allerdings schon am Abend vorher) und von einer Chinesin einen Teddy, was ich etwas ulkig finde und ich weiß noch nicht so ganz, was ich damit anfange. Aus dem Trip nach Beijing wurde leider nichts, da wir noch SIM-Karten für unsere Handies kaufen waren, was länger gedauert hatte als geplant. Letztlich haben wir uns in LangFang mit Sunny getroffen, der Angestellte, die unsere Bewerbungen empfangen hat, aber schon längst gekündigt hat. Wir haben ziemlich viel über unsere Einrichtung erfahren, welche ganz schön zerrüttet zu sein scheint. Letzlich erklärt das auch, warum wir hier so wenig zu tun haben.
Abends waren wir dann zusammen mit anderen essen, was sehr lustig war. Lukas und ich haben im leicht angetrunken Zustand das Penis-Spiel gespielt (dabei sagt man irgendwelche schmutzigen Wörter immer lauter als der Vorgänger), was in einer Chinesenrunde doch recht komisch ist. Anschließend waren wir Billard spielen und in einem KTV (Karaoke). In einem KTV mietet man einen kleinen abgeschirmten Raum, wo man dann vor einem Fernseher singt. Ich konnte all dem nichts abgewinnen,zumal fast nur chinesische Titel gesungen wurden, was für europäische Ohren ungenießbar ist.
Sonntag ging's dann wirklich nach Beijing. Die Großstadt ist wahrhaftig eine andere Welt. Hier lässt es sich auf jeden Fall gut leben, aber erst nach Olympia, da sonst die Preise gut 7 mal so hoch sind wie sonst. Wir haben krampfhaft nach einer Bank gesucht, wo wir mit dem Postbankkonto Geld holen konnten. Doch trotz der tausenden von Volunteers, die an jeder Ecke bei Fragen zur Seite stehen, die aber alle keine Ahnung zu haben scheinen, haben wir nichts brauchbares gefunden. Zum Mittag gab es ganz billig Baozi (klassisches chinesisches Gericht für arme Leute) die verdammt lecker waren. Gegessen haben wir in einen kleinen versüfften Imbis in einer Nebenstraße. Mich hat er erst abgeschreckt, allerdings bin ich froh, dass wir dennoch reingegangen sind. Dazu haben wir Olympia gesehen. Den restlichen Tag sind wir durch die Straßen geirrt und sind von der Autobahn nicht wirklich weggekommen, sodass der Tag auch ziemlich umsonst war. Busfahren kostet übrigens 10 Cent, egal wie lange man fährt innerhalb der Stadt. Beim Geldwechseln haben wir festgestellt, dass es sogar 1 Cent-Scheine gibt.
Ich hoffe, dass wir das nächste Wochenende besser planen...

Montag, 11. August 2008

Kontraste zwischen Arm und Reich

Eines meiner Anliegen, warum ich unbedingt nach China wollte, war zu sehen, wie Arm und Reich nebeneinander koexistieren können. Dies sieht man hier jeden Tag und überall. Der Randbezirk von Beijing ist ideal, das mitzuerleben. Man möchte es vielleicht mit Ländern wie Südafrika vergleichen, wo ja auch Superreich und Superarm dicht bei dicht leben, allerdings hat man da klare, hart definierte Grenzen. In China gibt es diese Grenzen nicht. So ist direkt neben dem riesigen WalMart Superstore ein traditioneller chinesischer Markt, wo es dreckig ist und oll. Dennoch stört es niemanden. Die Einrichtung, in der ich lebe, ist in einem kleinen Dorf, das hauptsächlich von Landwirtschaft lebt. Alles was es hier gibt, sieht aus, als wäre es 50 Jahre oder älter. Doch nicht mal eine Autostunde entfernt ist die Riesenmetropole Beijing, die locker mit amerikanischen Großstädten mithalten kann. Alles ist protzig und überwältigend, alles wirkt perfekt. Doch gibt es auch hier, wenn man genauer hinsieht, die kleinen ollen abgewrackten Stände, wo sich das eigentliche chinesische Leben abspielt. Büroangestellte in Anzug und Bauern in dreckigen Unterhemd, oder ganz ohne, laufen Seite an Seite auf der gleichen Straße. Es gibt keine Reichenviertel oder so etwas. Alles geht ineinander über und wird von allen akzeptiert. Selbst in unserer Einrichtung haben wir zwei Küchen. Eine Kantinenküche, wo normalerweise gekocht wird und an die man sich echt erst gewöhnen muss. Und eine Küche für uns mit Mikrowelle und amerikanischen Kühlschrank, alles wahnsinnig schick. Zweitere ist nur für Gäste gedacht. Das Ergebnis ist ein Land mit so vielen Gesichtern, das man jeden Tag aufs neue entdecken muß. Manchmal ist es schwer, mit den ungewohnten niederen Umständen zurecht zu kommen, vor allem weil man weiß, dass man es viel komfortabler haben könnte, was auch nicht mal unbedingt mehr kosten muss.

Freitag, 8. August 2008

Beziehungen

Wie man in vielen Reise- und Kulturführern über China lesen kann, gehen hier Beziehungen über das Gesetz. Wenn man den richtigen Draht zu den richtigen Personen hat, geht im Leben hier einiges leichter, schneller und vor allem unkomplizierter. Doch ist der Weg anders herum auch der Fall. Wie positiv sich das ganze äußern kann, soll folgendes erlebtes Beispiel schildern. Unsere Einrichtung scheint einen ganz guten Draht zur Polizei zu haben. Jedenfalls wird immer freundlich gehupt, wenn wir durch Polizeikontrollen fahren. Bei der letzten Kontrolle (die hier übrigens sehr zahlreich sind, wofür weiß ich aber nicht) wurden irgendwelche Papiere verlangt, ich nehme an die Zulassung, wenn es denn so etwas gibt. Manche Autos, die hier umherfahren, sollten jedenfalls keine bekommen. Nun war allerdings das Problem, dass mein Fahrer diese Papiere nicht finden konnte. Mein zweiter Mitfahrer und ich begann mitzusuchen. Allerdings waren die Papiere nicht auffindbar. Wahrscheinlich hat die Papiere jemand anderes gehabt, schließlich fährt die halbe Einrichtung mit dem Auto. Nachdem es sich hinter uns staute und der Polizist die Geduld verlor, wurden wir dann mit einem freundlichen Lächeln durchgewunken, ohne die Papiere vorzeigen zu müssen. In Deutschland wäre diese Situation definitiv anders ausgegangen.

Allgemeiner Bericht

Nun sind schon zwei Wochen vergangen und so wirklich was zu tun hatten wir bis jetzt noch nicht. Lukas und ich nehmen es noch halbwegs gelassen und nutzen die Zeit zum Lernen und Chillen. Matthias und Fabian sind aber sichtlich genervt. Aussicht auf Besserung gibt es auch nicht, da wir immer nur von einen Tag auf den nächsten vertröstet werden. Ab und an wagen wir ein paar Schritte raus ins Dorf, wo wir sofort auffallen und umworben werden. Für längere Ausflüge haben wir aber leider auch nicht wirklich Zeit, da wir zu festen Zeiten immer wieder in der Einrichtung sein müssen. Der nächste große Ort heißt Lang Fang und ist 20 km entfernt von uns. Mittwoch waren wir einkaufen, was ein großes Erlebnis war. Sobald man in größeren Orten ist, erinnert China sehr an die USA, nicht zuletzt waren wir bei WalMart einkaufen. Nur die Preise, das Angebot und die Kundschaft zeigen die Realität. So gibt es ganze frittierte Hühner, haufenweise Hühnerkrallen aller Art und Sorte und Chips in sehr kuriosen Geschmacksrichtungen. Insgesamt konnte man hier alles bekommen was man braucht zu Spotpreisen, wobei WalMart noch eine sehr teure Variante des Einkaufens in China ist. Hier auf dem Land würde zum Beispiel ein Kilo Äpfel 20 Cent kosten.
Die ersten Klassikerschüler, die hier ihre Ferien verbrachten, um klassische Schriften zu studieren, werden nun verabschiedet, was in sehr lustigen Abschlussfeiern endet. Alle kommen zusammen und singen und tanzen oder spielen ein Instrument. Dass das hier keiner kann, ist egal, es geht um das Miteinander und das Mitmachen. Leider sind meine "Mitfreiwilligen" nicht zu überzeugen, dabei großartig mitzumachen.

Normalerweise gucken wir abends zusammen Videos oder chillen auf den Feld zusammen bei einem TsingTau-Bier (TsingTau war deutsches Pachtgebiet Anfang des 20. Jhd. Die Brauerei ist ehemalig deutsch gewesen). Als Nicht-Bier-Kenner würde ich sagen, dass es noch sehr nach deutschem Bier schmeckt. Ansonsten versuchen wir irgendwie unsere Zeit von Mahlzeit zu Mahlzeit rumzukriegen. Für mich ist der tägliche TaiJiQuan-Unterricht immer eine gute Abwechslung. Oder halt mein Computer hier, den ich Gott sei Dank jeder Zeit benutzen kann. Inzwischen habe ich mich auch schon mit der Maus angefreundet, die hier in regelmäßigen Abständen über den Schreibtisch läuft.
Heute ist nun der Tag der Tage für China: Olympia beginnt. Aus diesen Anlass wird heute Abend gemeinsam die Anfangszeremonie im Fernsehen geguckt. Morgen geht's dann endlich nach Peking, wo wir alles mit eigenen Augen sehen werden. Mal sehen, ob das ein schöner Geburtstag wird, aufregend wird er, so denk ich, auf jeden Fall.

Umweltbewusstsein

Selbst in dieser Einrichtung, die ja nun nach alten chinesischen Traditionen lebt und auf Grund des sehr hohen TaiJiQuan-Einflusses doch im Einklang mit der Natur sein möchte, merke ich immer wieder, dass Umweltschutz und Sparsamkeit, wie man es von zu Hause kennt, kleingeschrieben wird. Wir vier hier sind immer wieder verblüfft, wenn in den Zimmern die Klimaanlage auf Hochtouren läuft (teilweise sogar nicht nur eine), aber alle Fenster offen sind. Dadurch, dass die Luft so feucht ist, wird dann auch in Kauf genommen, dass man alle fünf Minuten die Schüssel des Entwässerungswassers wechseln muss (Klimaanlagen entziehen der Luft nämlich Feuchtigkeit). Im Badezimmer haben wir Lampen, die ich für gewöhnlich aus Angst vor Sonnenbrand nicht einschalte. Gestern habe ich das Bad geputzt, wo Licht notwendig war. Als ich innerhalb kürzester Zeit ohne Shirt schweißgebadet war, wollte ich mal den Test machen: mit Thermometer unter die Lampe. Starttemperatur war knapp 30°C. Nach zehn Sekunden zeigt das Thermometer schon fast 35°C. Auch der Umgang mit Spülmittel und Waschpulver erschrickt, so drückte mir beispielsweise ein Junge zum Abwaschen meines einzelnen Glases eine halbe Flasche Spülmittel ins Glas, sodass es randvoll war.

Dienstag, 5. August 2008

Autofahren

Die letzten beiden Tage bin ich mit zum Flughafen in Peking gefahren, um die drei weiteren Freiwilligen abzuholen. Jetzt fehlt nur noch einer. Der Flughafen in Peking ist ja ein Monsterprojekt, wie ich es noch nie gesehen habe. Viel größer und viel verschwenderischer angelegt als alles, was ich in den USA gesehen habe. Demnach gestaltete sich das Abholen entsprechend schwierig. Wie auch immer, es sind alle da. Die Autofahrten dahin waren aber stets ein Abenteuer. In China hält sich nämlich niemand an die Verkehrsregeln. In Peking sieht man daher immer wieder Schilder, worauf man die Autofahrer bittet, wenigstens während der Olympiade ordentlich zu fahren. Tatsächlich sieht das dann so aus, dass auf den extrem breiten chinesischen Straßen jeder fahren kann wo und wie er will. Im Dorf ist es mehr oder weniger egal, ob man auf der linken oder der rechten Seite fährt (vor allem für die vielen Mopeds) und geblinkt wird sowieso nicht. Überholen kann man links und rechts und es ist auf der Autobahn üblich, in jede noch so enge Lücke zu springen. Wo die Autobahn dreispurig wird, fährt man gekonnt zwischen zwei Spuren, weil man sich ja nicht entscheiden kann, welche man nun wählt. Insgesamt ist Autofahren eine große Spekulation, weil es absolut nicht vorhersehbar ist, wie der vor dir und der neben dir auf bestimmte Situationen reagiert. Beliebtes Mittel ist hier die Warnhupe, die so viel aussagt wie "Vorsicht jetzt komm ich". Auch ist es üblich, dass die Straßen mal plötzlich breiter gemacht werden als sie sind, wenn mans besonders eilig hat. Auf der letzten Fahrt haben wir erlebt, wie jemand auf einem Autobahnkreuz den falschen Abzweig nahm und auf einem Zubringer kurzerhand anhielt und den Rückwärtsgang einlegte. Alle anderen Autos haben sich an ihm vorbeigequetscht als gäbe es nichts Normaleres. Wenn man auf der Autobahn mal muss, hält man an und stellt sich an den Straßenrand. Im Dorf ist es dann noch spannender. Es gibt nämlich kaum Ampeln und keine Vorfahrtsregelung. Man brettert nun also mit 70 km/h (30 sind erlaubt) auf die Kreuzung und hupt. Wer hupt hat Vorfahrt. Alle anderen können warten. Aber natürlich nur wenn man will. Ansonsten passt man halt die Lücke ab und fährt mittendurch. Der Witz dabei ist, dass das alles funktioniert und ich bis jetzt auch noch nie einen Unfall gesehen habe. Wenn der Verkehr mal zu dicht wird, fährt man nicht langsamer, sondern einfach im Gegenverkehr weiter. Aber die breiten Straßen und der eher ruhige, aber immer konstante Verkehr erlauben das. Bis jetzt bin ich jedenfalls überall heil angekommen. Selber fahren würde ich hier aber nie.

PS: Kaum ein Auto hat Gurte...

Sonntag, 3. August 2008

Der Titel des "Shi Fu"s

In der chinesischen Kultur ist es nicht gewöhnlich, den Lehrer (Meister) mit 师父 (Shi Fu) anzusprechen. Es ist eine Ehre, wenn man seinen Meister als Schüler so nennen darf und diese Beziehungsebene wird im Normalfall erst nach Monaten oder Jahren erreicht und ist stark abhängig vom Verhalten, Können und Lernfortschritt des Schülers. Der Meister muss also stolz auf seinen Schüler sein, bis der ihn 师父 nennen darf. Bis dahin ist der Meister ein simpler Lehrer: 老师 (Lao Shi). Das erklärt vielleicht auch, warum es einige Meister in Deutschland auch diesen Titel ablehnen. Mit der Frage, ob ich meinen Lehrer nun 师父 nennen darf, bin ich also ganz schön ins Fettnäpfchen getreten. Aber wenigstens habe ich gefragt.

Samstag, 2. August 2008

Wie ich zu meinem chinesischen Namen kam...

Heute sollte ich wieder einmal einem wichtigen Meeting beisitzen. Das war jetzt das dritte Mal, dass ich das erlebt habe. Es wird dann freundlich erzählt, dass ich aus Deutschland komme und einer von fünf sein werde. Ich versuche möglichst viel mitzubekommen, aber eigentlich verstehe ich fast nichts. Ab und an übersetzt mir "mein Dolmetscher" etwas (also er ist nur der Vater meines Zimmerkameraden, ist aber der einzige, der etwas besser Englisch kann und hat übrigens 8 Jahre mit Jet Li Kung Fu trainiert). Ja, das heutige Meeting fing ähnlich an. Mir wurde aber vorweg schon mitgeteilt, dass jemand vom deutschen Fernsehen da sein wird. Schließlich war dann das lokale Regierungsoberhaupt, ein Leiter von CCTV und Beijing TV und jemand vom ZDF da und ein paar andere. Anfangs wurde beredet, was mit einem Tai Chi-Lehrvideo passieren soll, welches hier gedreht wurde.

Der vom ZDF sucht nach Stories, die in China außerhalb von Olympia passieren und ist auf meinen Weltwärts-Dienst aufmerksam geworden. Im Meeting wurde nochmal der Sinn und Zweck dieser Einrichtung erläutert (Zurückfindung zu alten chinesischen Werten und Traditionen) und ich wurde als Beispiel genommen, wie gut ich mich den Werten schon anpassen könne. Generell wurde ich sehr gelobt für meine Disziplin und so. Naja, ich versuche eigentlich nur das nachzumachen, was mir hier vorgelebt wird. Scheinbar scheint denen das sehr zu gefallen. Danach gab's Mittag, was sich deutlich vom bisher gewohnten Kantinenessen abhob. Bis jetzt habe ich nur vegetarische Kost erhalten, die mir eher nicht so geschmeckt hat und die mein Körper auch nicht vertragen wollte. Das Essen heute hingegen war ein chinesischen Festessen zum Vergleich. Es gab ganz viele unterschiedlichste Sachen (dennoch kein Fleisch, nur Fisch), die köstlich waren, dazu Wein oder 53%igen Korn oder sowas. Ich entschied mich doch lieber Wasser zu trinken. Während des Essens wurde dann immer mehr über mich geredet und auf mich angestoßen. Als ich den vom ZDF dann fragte, warum man denn Cheers wünscht und nicht Gan Bei, wurde das von den Chinesen aufgeschnappt und mir mein Glas mit dem Korn vollgegossen. Da Gan Bei "das Glas trocknen" heißt, mussten nun alle ex austrinken, was der Gaudi für die Chinesen war. Anschließend gab es eine Tour übers Gelände, wo ich Dank dem ZDF-Korrespondenten als Übersetzer auch noch viel dazugelernt habe. Ich weiß jetzt zum Beispiel, dass die Lautsprecher im Garten beim Tai Chi an sind, sodass die Tiere auch was davon haben. Zurück im Meetingraum wurde weiter über mich diskutiert. Der vom ZDF hat meine Kontaktdaten aufgenommen und eventuell wird jetzt eine Reportage über den Dienst von uns fünf Freiwilligen gebracht. In der Zwischenzeit wurde unter den hohen Leuten heftig über meinen Namen diskutiert. Bis jetzt hieß ich hier nämlich Ma Ke Si (oder so ähnlich, e und i werden dabei nur angehaucht, so dass es fast wie Maks klinkt). Da das aber Marx heißt und, auch wenn das in China eher eine Ehre ist, dieser Name doch eher unpassend ist, zumal Max ja mein Vorname ist. Es wurde kurzentschlossen ein neuer festgelegt: 马小龙 (Ma Xiao Lung - zu deutsch: Kleiner Drache Ma, also Ma ist eigentlich ein Familienname, soll aber hier Max andeuten). Da ich damit einverstanden war, war er beschlossen. Abschließend hat mir der CCTV-Typ beigebracht, wie man das schreibt, was alle ganz toll fanden, und es wurden Photos gemacht.

Ich hätte nie gedacht, dass Chinesen sooooo freundlich sind. Ich meine, das waren nun alles hohe Tiere mit Rang und Namen und ich war so zu sagen der Star in ihrer Mitte. Auf jeden Fall hat mich der heutige Tag mächtig aus meinem Stimmungstief gerissen und ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß wie heute. Vieles habe ich dem ZDF-Menschen zu verdanken, weil er viel für mich übersetzt hat und natürlich mein treuer "Dolmetscher" ebenso. Ihn mag ich wirklich sehr, weil er mir viel vermittelt und erklärt und ich habe das Gefühl, dass er sich auch darüber freut.

Bis demnächst,
euer 马小龙

PS: Mein Bett wurde geupgradet. Ich schlaf jetzt nicht mehr auf einem Holzbrett mit Bastmatte, sondern habe jetzt ein Queensize-Bett mit ordentlicher Matratze bekommen. Ja, wenn schon denn schon...

Freitag, 1. August 2008

Chinesische Lernmethodik

Nach knapp einer Woche wurde ich nun mit der chinesischen Lernmethodik vertraut gemacht, natürlich die traditionelle, die schon seit Jahrhunderten in Gebrauch ist und von der die Chinesen sehr angetan zu sein scheinen. Und zwar lese/spreche/wiederhole man etwas so oft, bis man es im Schlaf aufsagen kann. Und so lernen hier manche Schüler ganze Bücher auswendig. Wofür das ganze gut sein soll, weiß keiner. Aber alle sind vom Erfolg dieser Methode überzeugt. Für Schüler (vor allem welche mit westlichen Einfluss) ist das natürlich stinklangweilig und es ist hart, sich so lange auf etwas zu konzentrieren. Insgesamt kommt es meinem Französischunterricht gleich. Die Methode kommt übrigens, wie ich heute gelesen habe, aus dem Konfuzianismus, der ältesten "Religion" Chinas und es bringt seit jeher Ansehen, wenn man die alten Schriften auswendig zitieren kann.
Zurück zu mir: Ich wurde heute von 2 Chinesen, beide unter 10 Jahren alt, dazu "gezwungen" eine Seite eines Buches immer wieder zu lesen. Was drin steht, weiß ich nicht. Für jede richtige Wiederholung wurde ein Maiskorn von einer Schale in eine andere gelegt um mitzuzählen.