Mittwoch, 29. Oktober 2008

Wintereinbruch

So langsam bricht in China der Winter ein, heute habe ich jedenfalls schon eine Schneeflocke gesehen. Wir hatten zwar schon vor etwa drei Wochen eine Kältephase aber jetzt wird es ernst denk ich. Vor unsere Türen wurden nun windabweisende Decken gehangen, die Goldfischkübel wurden gelehrt, TaiJi wurde auf eine spätere Zeit verschoben und auf dem Feld werden die letzten Ernten eingeholt und die Gewächshügel winterfest gemacht. Selbst unser Essensspruch wird nun in der Küche aufgesagt und nicht mehr draußen. Ich laufe seit zwei Wochen nur noch in meinem Wintersportklamotten rum und fühle mich auch sehr danach. Da bis zum 15. November nicht geheizt wird, sind auch unsere Räume dementsprechend kalt, so dass man die Jacke jederzeit getrost anbehalten kann. Zum Glück ist gestern der Ölradiator der ehemaligen Freiwilligen aufgetaucht, aber der wandert jetzt ständig von Raum zu Raum, sodass man seine Vorzüge nicht wirklich genießen kann. Selbst unsere stromfressenden Heizlampen im Bad, die im Sommer noch so fürchterlich heiß waren, können nun nicht mehr mithalten. Ohne Pullover sollte man jetzt nicht mehr schlafen. Wäschewaschen wird aus Motivationsproblemen jetzt gerne nach hinten verschoben, somal ich nicht weiß, wie wir die wieder trocken kriegen sollen. Gott sei Dank bin ich im TaiJi wenigstens schon soweit vorangeschritten, dass ich meine Hände fast regelmäßig kontrolliert wärmen kann. Handschuhe sind beim TaiJi nämlich verboten, da sonst das Qi nicht gut genug fließen könnte. Jetzt brauch ich sie nicht mehr :-)

Krank sein

... im Ausland ist ziemlich beschissen. Ich habe mir vorletzte Woche irgendetwas eingefangen und habe anschließend neun Tage im Bett verbracht, was die langweiligste Zeit meines Lebens war. Ich war so froh, dass ich wenigstens einigermaßen mit PSP und DVD-Kopien versorgt war, aber irgendwann wurde auch das öde, sodass mich die Langeweile neben Krankheit auch noch heimsuchte. So einsam im Bett liegend wird einen dann doch bewusst, wie sehr man sein Zuhause vermisst: Keine Eltern, die einen bemuddeln, keine Freundin, die für einen da ist, keine Badewanne, wo man sich mal aufwärmen könnte und kein schwachsinniges deutsches Fernsehen, was ein berieseln könnte. Insgesamt war es ziemlich trostlos und ich bin heilfroh, dass ich es überstanden habe und nun auch mal wieder motiviert bin, etwas zu schreiben. Ob das an den mysteriösen Heilkräften des Meisters lag, kann ich nicht sagen. Jedenfalls hat er zweimal heftig auf mir rumgeklopft und gedrückt und gerieben um mein Qi wieder ins Gleichgewicht zu bringen (Krankheiten sind laut traditioneller chinesischen Medizin nämlich nur Störungen des Qi-Flusses). Ich war ganz dankbar dafür, irgendwie glaube ich schon daran, dass es wirklich funktioniert. Immerhin hat er angeblich stark bei der Heilung des Krebses seiner Frau beigetragen.

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Papa in China

Letzte Woche war mein Papa in China und zusammen mit ihm habe ich vier schöne Tage in Peking verbringen können. Eingeleitet wurden sie von einem Besusch in der deutschen Botschaft, wo wir den Tag der Deutschen Einheit nachgefeiert haben. Hier haben wir endlich mal wieder typisch deutsche Küche genießen können und fühlten uns insgesamt sehr heimisch. Bei Musik des Chors der Deutschen Oper Berlin ließen wir den Abend ausklingen und bereiteten uns auf die gemeinsame Zeit vor. Selbst Petrus hat sich in dieser Zeit von seiner besten Seite gezeigt, sodass wir uns bei strahlend blauem Himmel die Große Mauer und den Sommerpalast ansehen konnten. Für mich sind beide Orte schlagartig zu must-see-places geworden, vorallem der Sommerpalast, den ich mir romantischer nicht hätte vorstellen können. Wie immer spielten die Menschmassen aber nicht so ganz mit, wie wir es gerne gehabt hätten. Beide Orte waren trotz ihrer Größe bis zur Auslastung mit Menschen gefüllt.
Den einen Tag, den ich zur Hälfte alleine verbringen musste, war ich in einem der sogenannten Seidenmärkte. Hier werden die berühmten chinesischen Fälschungen feilgeboten und ich konnte mein kaufmännisches Geschick üben und habe es tatsächlich geschafft, einen Anzug von 2880 Yuan auf 80 runterzuhandeln. Leider habe ich dann den Fehler gemacht, dass ich ihn nicht gekauft habe, sodass der Verkäufer massig geflucht hat. Insgesamt ist shoppen da sehr anstrengend, da einen jeder Verkäufer (zu 95% hübsche etwa 20-jährige Chinesinnen) alles mögliche andreht, selbst wenn es Frauenklamotten sind. Die sind dann halt "for your girlfriend", oder noch besser "for your mom". Die Ausrede, dass ich keine hätte (Nicht böse sein Caro, war nur eine Ausrede um die loszuwerden.), klappte aber leider nicht bei dem Mama-Argument. Manche Verkäufer waren sogar so dreist, dass sie einen festhielten und richtig in den Laden gezerrt haben, teilweise sogar zu zweit. Es erforderte dann all meine Kung-Fu Künste um da wieder weg zu kommen. Mit ein bisschen Chinesischkenntnissen hat man aber als Europäer mal schlagartig mächtig viele Sympathiepunkte gesammelt, und als jugendlicher männlicher Ausländer ja sowieso. Handeln macht so tierrisch Spaß, wenn man versteht, sich nicht verarschen zu lassen. Jedenfalls werde ich mich hier jetzt mit Columbia Titanium Jacken für 10 €, die vom Orginal echt nicht zu unterscheiden sind, eindecken ^^

Dienstag, 7. Oktober 2008

Ferien

Momentan sind Ferien in China, was bedeutet, dass auch wir fünf Tage frei haben. Naja, eigentlich nicht wirklich, da wir dafür 2 Wochenenden opfern mussten. Wir haben die Zeit genutzt, um mal etwas länger in Beijing zu bleiben. Zu Beginn haben wir uns einen Tempel etwas außerhalb von Beijijng angesehen, der in den Bergen liegt. Chinas Tempel sehen sich alle sehr ähnlich. Die Farben, der Bau, alles gleicht sich.

Da inzwischen das Verkehrsgesetz aufgehoben wurde, laut dem Autos mit ungeraden Nummern nur an ungeraden Tagen fahren dürfen und umgekehrt, hat sich der Verkehr in Beijing nun wieder fast verdoppelt, was sich stark auf die Luftqualität auswirkt und auf die Zeit die man im Verkehr verbringt. Zu Ferienzeiten ist das dann nochmal schlimmer, sodass man in tourisitischen Gegenden kaum voran kommt, auch nicht zu Fuß. Der Tempel war demzufolge sehr überfüllt und die Aussicht auf Beijing, die man nach einem langen Treppenanstieg haben sollte, konnte man vergessen. Zurück ging es mit einer Sommerrodelbahn. Wir drei blieben dann in der Stadt und suchten uns eine Jugendherberge im so ziemlich teuersten Viertel der Gegend. Hier wimmelte es nur so von Touris. Bis jetzt habe ich ja erstaunlich wenige gesehen, tagelang sogar gar keine. Anscheinend scheinen die sich in einer einzelnen Barstraße (San Li Tun Lu) zu tummeln. Dennoch kamen wir mit einem Zehnmannzimmer sehr günstig davon und stürzten uns ins viel umworbene "teurere" Nachtleben, was aber eine Enttäuschung war. Gott sei Dank mussten wir als Westler keinen Eintritt bezahlen und haben special security bekommen, der uns vor unfreundlichen Chinesen beschützte.

In unserer Jugendherberge hatten wir dann erstmals Kontakt zu anderen Ausländern aus aller Welt. Hier konnten wir über bisherige Erlebnisse plaudern und uns entspannen bei einem full english breakfast und unschlagbar langsamen Internet. Als es mir zu langsam wurde (ich brauchte zum Lesen einer Mail etwa eine Stunde) ging ich ins Internet-"Café" direkt nebenan. Auch wenn ich glaube, schon vieles von China gesehen zu haben, das hat mir echt mal wieder den Atem geraubt. Es ging eine schäbige Treppe ein Stockwerk höher und dort erwartete mich ein Gemisch aus Spielhölle und Erotikparadies. Ein riesiger Raum, voll mit Computern, auf denen hauptsächlich World of Warcraft, Warcraft III und Pornos liefen, eröffnete sich mir, dazu eine ganze Reihe kleinerer privaterer Räume. Im Zentrum war ein Schalter, wo die Bezahlungen abgewickelt wurden. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich verstanden habe, wie das Rechnungssystem funktioniert und war heilfroh als ich wieder draußen war. Jetzt glaub ich auf jeden Fall auch, dass Chinesen Computerspiele zu ihrem Beruf machen. Mein Job wird jetzt langsam unangenehm, weil es nachts bittekalt wird. Vor November wird hier aber nicht geheizt, sodass wir manche Tage ziemlich durchgefroren sind. Da freut man sich dann auf jeden Haufen Pferdekacke, den man schippen darf, weil der sehr viel Wärme spendet. Im Kindergarten hingegen ist es so kalt wie draußen.