Sonntag, 4. Dezember 2011

Shanghai Shopping - This one, or that one? I'll take both!

In China sagt man, alles was du in Shanghai nicht kaufen kannst, bekommst du nirgendwo in der Welt. Nachdem Shanghai nun New York als Weltmetropole so langsam ablöst und ich mich selbst ein wenig auf Shoppingtouren begeben habe, kann ich dem nur zustimmen (auch wenn ich jetzt nicht nach irgendetwas exotisch extravaganten gesucht habe). Einkaufen in China kann wahrhaft ein Traum sein, wenn man sich viel Zeit nimmt und weiß an den richtigen Stellen zu suchen. Die regulären Kaufhäuser ähneln im Großen und Ganzen den europäischen Pendants, die wahren Freuden findet man in den Untergrundkaufhäusern, wo man neben recht kitschigen chinesischen Plunder (wo man aber auch hin und wieder glücklicher Finder ausgefallener Sachen wird) und der allseits bekannten chinesischen Produktpiraterie (die mal schlechter, mal besser ausfällt) ab und an auch mal Schmuggel- oder Hehlerware findet. Und so kann man sich hier durchaus für einen Appel und ein Ei recht komfortabel einkleiden und ausstatten, was immer wieder dazu verleitet, unnützes Zeug zu erwerben. Ich habe jetzt die hiesigen chinesischen Schneider für mich entdeckt, die einen zu lächerlichen Preisen Hemden, Anzüge und alles was man sich nur ausmalen kann maßschneidern. Bis jetzt bin ich damit mehr als zufrieden und nach den ersten Ergebnissen ist meine leichte Angst und Irritation in maßlose Freude übergegangen, aber mal sehen, wie lange das Ganze auch wirklich hält und die Freude bleibt, schließlich ist China ja nicht für gute Qualität bekannt und das zieht sich durch alle Produktkategorien, egal ob Knöpfe, Hosen, MP3-Player oder Wolkenkratzer.
Das mühsamste aber auch amüsanteste dabei ist das Handeln. Handeln ist hier Pflicht, will man sich nicht selber maßlos über’s Ohr hauen. Das schwierigste daran ist, eine realistische Preisidee zu haben. Genau hier liegt der Knackpunkt, wo die meisten Chinesen gewinnen. Mir zum Beispiel ist es schleierhaft, wie man eine mechanische Armbanduhr mit Datums- und Wochentaganzeige, die sich selbst aufzieht (lassen wir die Marke jetzt mal weg) für umgerechnet 10 € überhaupt erst herstellen kann. In meinen ersten Versuchen, wäre dieser Preis absolut lächerlich gewesen, wenn ich sehe, wie viel man in Deutschland für vergleichbare Modelle bezahlt. Leider würden Chinesen auch um den fünffachen Preis hart feilschen, sodass man sich nie wirklich sicher ist, ob man einen guten Deal erwischt hat oder nicht. Sehr schnell sinken die Preisvorstellungen und man könnte sich in den Hintern beißen für die Unsummen, die man anfangs nach gelassen hat. Meine erste Krawatte beispielsweise habe ich für 4€ gekauft und fand sie unglaublich billig. Heute weiß ich, dass Krawatten maximal ein Euro wert sind.
Das Handeln an sich ist Schauspielschule und Taktikunterricht in höchster Form. Jeder hat seine ganz eigene Strategie, den Preis zu senken. Ob man nun sein ganzes Geld versteckt und den Verkäufer ein fast leeres Portemonnaie hinhält und sagt: „Tut mir leid, aber ich habe nicht mehr“ oder hoch und heilig verspricht, dass man bei einem guten Preis mit Freunden zurückkommt und ganz viel mehr kaufen wird, ist jedem selbst überlassen und ist mehr oder weniger erfolgreich. Das wichtigste ist, man muss seine Emotionen völlig unter Kontrolle haben. Sobald der Verkäufer merkt, dir gefällt etwas wirklich, hast du verloren, da er weiß, du bist bereit sehr viel mehr auszugeben als es wert ist. Erste Devise ist daher: Stetes Desinteresse zeigen und so tun, als brauche man gar nichts und suche nur nach Schnäppchen. Lässt man den Verkäufer nicht mindestens einmal hängen und läuft einfach weg, kann man sicher sein, man bekommt keinen guten Preis. Leider muss man pro Artikel, den man kaufen will, etwas Zeit einplanen. Handeln in Eile ist einfach nur unmöglich und frustrierend.
Ich habe inzwischen meine ganz eigene Strategie entwickelt, die aber auch nur wirkt, weil die meisten Verkäufer weiblich und in meinem Alter sind. In der Regel sind Chinesen sehr beeindruckt, wenn man als Westler etwas Chinesisch sprechen kann, was einem unglaubliche Pluspunkte einheimst. Nun habe ich das Glück, dass mich scheinbar die meisten Chinesen hübsch und charmant finden, sodass ich mit etwas Smalltalk und Geflirte sehr schnell Sympathie ernte. So versuche ich die ersten fünf bis zehn Minuten vom eigentlichen Geschäft abzulenken und nur zu reden und sobald das geschafft ist, ist der Rest ein wahres Kinderspiel. Eigentlich brauch ich danach gar nicht mehr zu handeln.

Letzter Monat - The bitter sweet months

Die letzte Zeit war so ziemlich davon geprägt, dass der Alltag früher oder später jeden ins Genick schlug. Uni wird öde, man macht jeden Tag das Gleiche, der Freundeskreis hat sich verfestigt, man lernt kaum noch neue Leute kennen, alles was man bis jetzt nicht organisiert hat liegt brach und wird auch nichts mehr, die ersten bekommen Heimweh. Zudem ist es die Zeit in der das Wetter ziemlich eklig wird, für manche ziemlich überraschend, wie für mich, die dachten, dass es im Winter hier chillige 15°C geben würde. Leider nein, die Winter hier sind mit den Wintern in Berlin ziemlich vergleichbar. Vielleicht etwas weniger Schnee. Und so wurde der November wie so typisch ziemlich depressiv. Die Südländer beschweren sich über das kalte Wetter, die anderen über die schlechte Isolierung und Heizungen und beim verzweifelten Einmummeln in Decken und Pullovern und Videosgucken schießen überall Beziehungsprobleme aus dem Boden. Zudem ist es die Zeit in der wirklich jeder krank wird und jeder jeden ansteckt und so hatte auch ich meine zwei Wochen Bettlägerigkeit, leider gerade in der Prüfungsphase, in der man einfach alles zum Teufel wünscht. Kleine Highlights wie eine zweitägige Klassenfahrt, Halloween (was hier wirklich gelungen war, da sich mal jeder sehr viel Mühe für Kostüme gab) oder die immer widerkehrenden Uniparties schaffen es dann Gott-sei-Dank doch immer wieder, das triste Gemüt etwas aufzulockern. Und seit diesem Wochenende gibt es einen neuen hellen Stern am Himmel, den wir verfolgen können: Meine Freunde und ich fahren im Januar nach Thailand, dann ist endlich Schluss mit dem Wintertrübsalblasen.
Des Weiterem teilen viele unserer Auslandsstudenten ähnliche Schicksäle, so werden zum Beispiel reihenweise Fahrräder geklaut, was aber trotzdem niemanden dazu veranlasst, sein Fahrrad irgendwo anzuschließen anstelle vom üblichen Radschloss. Kreditkarten stapeln sich in der Bank, weil jeder früher oder später Opfer der tückischen chinesischen Bankautomaten wird, die einem ERST das Geld und DANN erst die Karte ausspucken. Aber geldgierig wie wir alle sind wollen wir bloß die Scheine haben um dann schnell zu verschwinden und alles wieder auszugeben.

Hangzhou - Next Stop: Paradise

Zum Nationalfeiertag (Anfang Oktober :-S Asche auf mein Haupt) ging es nach langen Hin- und Hergeplane und der Furcht, dass man die fünf Tage Ferien komplett vergammelt, für meinen Kumpel Andrew und mich nach Hangzhou, einer von Shanghais Ausflugsstädten, mit dem Schnellzug eine knappe Stunde entfernt. Als wir angekommen sind, musste ich mit Erstaunen feststellen, dass Hangzhou die erste wirklich schöne(!) Stadt ist, die ich in China gesehen habe. Sie ähnelt eher einer großen Parkanlage und ist somit auffallend grün und sauber. Das zieht auch nach sich, dass viele reiche Chinesen ähnlich denken und hier herziehen, was der Stadt gewissen Reichtum verschafft und so reihen sich Geschäfte von Prada und Cartier bis zu Maserati und Aston Martin aneinander, was nicht weniger beeindruckend ist. Dadurch, dass zu den spärlichen Ferien, die es in China gibt, das gesamte Volk auf Reise geht, gestaltete sich unsere Suche nach einer Unterkunft etwas schwierig. Unser Plan, einfach durchzumachen oder auf einer Parkbank zu schlafen, was klimatisch noch durchaus machbar war, war auch nicht so die beste Idee. Letztendlich fanden wir dann doch eine Jugendherberge, die noch Raum hatte und uns sogar ohne Pässe, die wir typischer Weise zu Hause liegen lassen haben, aufnahm. Als wir dann den Raum betraten, wussten wir auch wieso. Das erste was uns auffiel war, dass es im Zehnbett-Dormitory im Kellergeschoss kein Licht gab. Mit Handylicht auf Schranksuche viel uns dann auf, dass die Schränke nicht mehr verschließbar waren. Und beim genaueren Umsehen wurde deutlich, dass der komplette Raum mit Schimmel überzogen war, was uns schon nach wenigen Minuten Atemschwierigkeiten verschaffte. Gott-sei-Dank bekamen wir aber problemlos ein Ersatzzimmer, was deutlich besser war.
Unsere Reisepläne waren, dass wir am ersten Tag mit einer Bustour, die bis auf die obligatorischen Besichtigung der Seidenfabrik und der Teeverkostung ganz gut war, die etwas weiterentfernten Sehenswürdigkeiten ansehen und am nächsten Tag uns Fahrräder ausleihen und das Innere der Stadt besichtigen. In Hangzhou gibt es ein kostenloses Fahrradverleihsystem, was mehr oder weniger als öffentliches Verkehrsmittel dient, da man die Fahrräder an unterschiedlichen Stellen wieder abgeben kann. Das finde ich sehr bemerkenswert. Für uns kam das leider nicht in Frage, da es für nur einen Tag zu aufwendig gewesen wäre. Da Andrew noch nie mit einem Tandem gefahren ist, entschieden wir uns, ein Tandem zu leihen… leider etwas kontraproduktiv, da man viele Orte das Parks nur mit normalen Fahrrädern befahren durfte, nicht aber mit einem Tandem, was mir bis heute schleierhaft ist. Der Kern Hangzhous ist ein riesiger See mit weiträumigen Parkanlagen drum herum. Darum gliedern sich dann Hangzhous Prunk- und Prachtstraßen, Touriszenen und die Universität und je weiter man sich davon entfernt, desto gewöhnlich wird alles. Nach zwei Tagen Erholung (zumindest für mich, Andrew meinte, er sei noch nie so viel Fahrrad gefahren und gelaufen) ging es dann Freitagabend wieder in die heimischen Gefilde, um rechtzeitig am Samstag wieder fit für die Uni zu sein. Ja, in China ist das so Gang und Gebe, dass man nach Feiertagen das Wochenende darauf arbeiten muss, sodass man nicht allzu viel frei bekommt.