Montag, 5. September 2011

Mein fahrbarer Untersatz (2. Teil) – Tetris for the intersections

Shanghai ist längst nicht so groß wie Beijing (zumindest flächenmäßig, gefühlt und auf die Innenstadt bezogen) und da die U-Bahn dafür aber mindestens doppelt so viel kostet (etwa 40 Cent pro Fahrt), schien ein eigenes Gefährt eine gute Alternative zu sein. In meinem FSJ hatte ich damals ja schon ein Fahrrad erworben, welches ich nicht toppen könnte in Frage Stil. So dachte ich. (http://mgoermer.blogspot.com/2009/04/ich-und-mein-selbstfahr-fahrzeug.html)
Aber ich habe mich getäuscht, man kann! Beim Fahrradkauf hat mir ein Arbeiter geholfen, der die Wohnung miteingerichtet hat (die übrigens immer noch nicht fertig ist). Ganz prompt hat er mir seine Hilfe angeboten, als ich ihm von meiner Suche erzählt habe und so sind wir zusammen losgestiefelt. Als wir in der näheren Umgebung nichts finden konnten, haben wir im Internet weitergesucht. Meine Bedingungen waren: Unter 20 €, Farbe egal, nur kein Pink, vorzugsweise Schwarz. Schnell haben wir einen Händler gefunden, der sogar das Fahrrad geliefert hat, nachdem wir herausfanden, dass es ziemlich weit weg war. Am Telefon wurde mir dann berichtet, dass sie keine schwarzen Exemplare mehr hätten, ob denn auch ???-blau ginge? „Blau klingt gut“, dachte ich mir (auch wenn ich nur die Hälfte verstanden habe) und stimmte zu. Eine halbe Stunde später kam dann mein schickes neues lila Fahrrad (tja, bei ???-blau handelte es sich leider um Veilchen-blau). Soviel zu „Hauptsache kein Pink“. Aber egal, immerhin hat es nur 19 € gekostet und bringt mich, wenn auch klapprig, von A nach B. Nur ein Körbchen hat es noch nicht, das muss ich mir noch besorgen. Und so erkunde ich nun Shanghai auf meinem Homobil, welches überall für grinsende Gesichter und lustige Stories sorgt.
Fahrräder sind in Shanghai streckenweise das einzige Verkehrsmittel, was sich die Leute leisten können, sodass man hier davon jede Menge zu sehen bekommt. Noch beliebter ist sein elektrischer großer Bruder, das E-Bike, der Tod auf Straßen, da es absolut geräuschlos Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h erreichen kann, und die Brennstoffvariante, der gute alte Scooter, der hier aber nicht selten für eine ganze Familie auf einmal herhalten muss (oder in Tibet für 3 Männer und eine Ziege). Zweiräder sind jedenfalls the vehicle to have, da sie sich durch jede noch so kleine Lücke drängeln können, auch wenn die motorisierten Varianten nicht unbedingt von ihrem Geschwindigkeitsbonus profitieren können. Auf meinem klapprigen Homobil bin ich allemal schneller als der Rest. Allerdings transportiere ich auch keine 200 kg Chinakohl sodass ein Scootermotor beim kleinsten Anstieg nicht mehr reicht und man mit den Beinen nachhelfen muss. Fahrradfahren in Shanghai ist Überlebenstraining pur, da, wie gesagt, jeder fährt, wie er will, und man kontinuierlich höllisch aufpassen muss. Allerdings war mir das ja schon bewusst. Eine ganz andere Hürde stellt das Nichtfahren dar. Wo man in Berlin Probleme hat, sein Auto zu parken, hat man hier eben diese Probleme mit seinem Fahrrad, was eine völlig neue Erfahrung ist. Fahrräder darf man nicht einfach irgendwo abstellen, was bei der Menge auch Sinn macht. Nein, es gibt extra eingerichtete Fahrradparkplätze, wo man sie schön in Reih und Glied abstellen kann. Nun sind aber viele davon nur nach Bezahlung zu nutzen, während die Kostenfreien oftmals gnadenlos überfüllt sind (gerade an Bahnhöfen oder Einkaufscentren). Und so ergibt es sich, dass ich hier nicht selten mit meinem Fahrrad auf Parkplatzsuche bin, was ich mir nie hätte träumen lassen.

Keine Kommentare: