Montag, 29. Dezember 2008

Weihnachten

Also mein Weihnachtsfest in Peking war sehr bescheiden. Weihnachten ist ein Fest, was verständlicher Weise im nicht-christlichen China nicht Mode ist. Demnach gab es auch keinerlei Weihnachtsstimmung. Es gibt zwar hier und dort Plastikweihnachtsmänner und Tannenbäumchen, aber halt nicht diesen Überfluß an Dekoration wie in Deutschland. Zum Glück wurden wir drei wenigstens von unseren Eltern gut versorgt, sodass wir es wenigstens in unseren Zimmern gemütlich machen konnten bei Pfefferkuchen und Räuchermännchen. Pünkltich vier Tage vor Weihnachten ist dann seit 3 Monaten mal wieder Niederschlag gefallen, sodass wir eine etwa 15 cm dicke Schneedecke hatten. Doch weiße Weihnachten hatte seinen Preis, schließlich waren wir fürs Schnee schippen verantwortlich. In Peking haben wir vom ganzen Schnee nichts mehr gesehen. Zum Heilig Abend sind wir mit Terry und seiner Freundin zum Pekingente-Essen eingeladen worden, das kam der Weihnachtsgans schon am nähesten. Und ehe uns wir versahen war Weihnachten auch schon wieder vorbei, während wir noch das Gefühl haben, dass es noch nicht einmal da war. Ein Highlight gab es noch: Weihnachtsshopping am 25. Wir haben es nämlich nicht mehr geschafft, vor Weihnachten Geschenke für uns zu besorgen, und so haben wir uns entschieden, auf amerikanische Art und Weise zu feiern (auch wenn es dann immer noch verspätet war).

Mittwoch, 17. Dezember 2008

„Chinesen essen...

alles was vier Beine hat, aber keine Tische, alles was schwimmt, aber keine U-Boote, und alles was fliegt, aber keine Flugzeuge.“ Dies ist eine ziemlich weit verbreitete Meinung, aber so ganz trifft das natürlich nicht zu. Chinesen schrecken zwar vor weniger zurück als der Durchschnittsdeutsche und haben einen Hang zum Exotischen, aber letztlich wird in China zum größten Teil das Gleiche gegessen wie bei uns. Dennoch gibt es gewisse Spezialitätenrestuarants, wo man die rote Liste rauf und runter paniert oder sautiert bekommt. Mein Lieblingsbeispiel an exotischen Gerichten war Tigerpenis für 1400 € auf Vorbestellung laut Lonely Planet. Viele Gerichte sind für unsereins abstoßend, weil wir unter Hund, Katze und Esel vielleicht eher ein Haustier sehen als einen Fleischlieferanten, aber ist ein Kaninchen nicht das gleiche? Die Märkte, die aus Geschichten allen bekannt sein dürften, wo man Käfer, Spinnen und allerlei Krabeltier essen kann, die gibt es in Wirklichkeit seh selten. Ich kenne in Peking einen einzigen Ort, wo man Skorpion, Seepferdchen, Grillen oder Seestern am Spieß kaufen kann, einiges zappelt davon sogar noch bevor es ins siedende Fett getaucht wird. Tatsächlich ekeln sich die Chinesen davor aber genauso wie die Touristen, für die es gedacht scheint. DaLu und ich haben es letztens gewagt und haben uns einen Skorpionspieß geteilt. Nachdem der erste Ekel überwunden war, haben wir beide festgestellt, dass eigentlich gar nichts so schlimmes dabei ist und Skorpion sogar ziemlich gut schmeckt. Dennoch hat jeder, der uns gesehen hat, das Gesicht verzerrt.
Wo man sagen kann, dass Chinesen echt alles essen, sind ganz normale Standardgerichte wie Hühnchen. In China ist leider so gut wie jedes Stückchen Fleisch nicht vom Knochen getrennt, sodass man Knochen, Knorpel und andere „ungenießbaren“ Dinge mit im Essen hat. Was unsereins ausspuckt, essen Chinesen einfach mit, sie zermalen sogar die Knochen im Mund. Von einem gekochten Huhn bleiben somit nur Kopf und Federn übrig. Eine chinesische Spezialität ist im übrigen Hühnerfuß, den man sogar eingeschweißt zu dutzenden im Supermarkt findet. Ich habs mir zwar fest vorgenommen, so etwas irgendwann zu probieren, aber eigentlich würde ich lieber noch hundert Skorpione essen.

Feuerwerk

Soviel Feuerwerk, wie man in China sieht, sieht man nirgendwo sonst. Feuerwerk ist fest in die chinesische Tradition verankert (zum Beispiel werden sie gezündet, wenn jemand gestorben ist oder zur Eröffnung von Geschäften, um böse Geister zu vertreiben), und so knallt es eigentlich jeden Tag. Chinesisches Feuerwerk beschränkt sich dabei auf alles was knallt, je lauter desto besser. Hier erfährt man, was ein echter Chinaböller ist, wenn man auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch die Druckwelle spürt, wobei die Straße 8-spurig und viel befahren ist. Auch Frösche sind beliebt, wobei die nicht so öde sind wie in Deutschland sondern sich mit vielleicht 50 Explosionen pro Sekunde dauerknatternd in unglaubliche Höhen katapultieren. Buntes Farbenfrohes gibt es gar nicht. Nur laute Knaller. Sehr negativer Nebeneffekt der Knallerei: Es entsteht unglaublich viel Müll, der in ländlichen Regionen die Straßen säumt.

Montag, 1. Dezember 2008

Zugfahren

Die letzte Zugfahrt nach Hause war die reinste Katastrophe. Wir hatten zwar Sitzplatzkarten, aber hatten gar keine Möglichkeit, auch nur annähernd in die Nähe der Plätze zu kommen. Der Zug war derart überfüllt, dass man sich gar nicht bewegen konnte, aber auch wirklich gar nicht. Obwohl wir eine halbe Stunde vor Abfahrt da waren, kamen wir gerade so rein. Hinter uns kamen dann noch etwa 20 Leute,die aggressivst von den Beamten reingedrückt wurden. Als dann einer der Passagiere mit einem Polizisten draußen einen Streit anfing und gebrüllt und sogar mit Flaschen aufeinander eingeschlagen wurde, habe ich die Nerven verloren und Panik bekommen. Ich bin dann Amok gelaufen, nur um aus diesen Zug wieder rauszukommen. Ich wusste gar nicht, was ich am meisten hassen sollte in dem Moment. „Okay“, dachte ich mir, „dann gehst du eben als Letzter rein, dann bekommst du wenigstens ein bisschen Luft und wirst nur gegen die Tür gequetscht.“ Naja, war natürlich nicht so. Ich stand zwar auf den Brettern, die den Zug mit dem Bahnsteig verbinden, mit etwa zehn anderen, die noch nicht im Zug waren, allerdings wurden mir diese dann irgendwann unter den Füßen weggezogen, sodass ich aufpassen musste, nicht ins Gleisbett zu fallen. Die Tür wurde daraufhin mit viel Gewalt und Geschrei geschlossen. Einige von den Leuten, die draußen standen, sind durchs Fenster geklettert. Im Zug bewegte sich gar nichts. Ging auch nicht. Die, die noch draußen blieben, sollten die anderen Türen versuchen, aber da sah es überall genauso aus. Zu Lukas² hatte ich keinen Kontakt mehr, anrufen ging nicht, weil zur Krönung einen Abend vorher mein Handy geklaut worden war, Sichtkontakt war auch nicht und zum Rufen war es viel zu laut. Ich plante dann, mich beim Kartenverkauf irgendwie zu beschweren, um mein Geld zurückzubekommen, in die JH direkt gegenüber zu gehen und am nächsten Tag nachzukommen. Allerdings wurden dann die Zugzwischenräume von den Schlafwagen aufgefüllt, wo ich auch mit hineinsollte. Ich habe dann die ganze Fahrt zwischen zwei Wagons verbracht, wo es arschkalt und laut war. Gott sei Dank habe ich mir noch eine Stunde vorher so einen kleinen Angelhocker gekauft, wo ich mich mit Mühe und Not draufsetzen konnte und hatte ein Buch dabei, sodass ich mir irgendwie die Zeit vertreiben konnte. Jetzt versteh ich erstmal, was in Chinaberichten gemeint ist, wenn vom „Wasserloch in der Wüste“-ähnlichen Szenen beim Einsteigen in den Zug die Rede ist. Ich denke, dass ich nervlich und körperlich ziemlich stark bin, aber da habe ich innerhalb von 5 Minuten Panik bekommen und hatte nur Hass, vor allem auf die Beamten. Ich hatte die ganze Zeit Angst, dass sie mich gleich zusammenschlagen, so aggro wie die drauf waren. Da war es auch scheißegal, dass wir Ausländer waren. Beim Aussteigen wurden dann die raus getragen, die es nicht verkraftet hatten und nur noch wie tot hingen.

Morgensport und Akrobatik

Chinesen sind mit Abstand das sportlichste Volk, was ich je gesehen habe. Dank Mama wurde ich gezwungen, erstmals früher aufzustehen, sodass ich die Gelegenheit hatte, die ältere Generation bei ihrem morgendlichen Treiben in den Parks zu beobachten. Bis zehn Uhr sind die Grünanlagen überfüllt von Tänzern, TaiJi-Schülern, Badmintonspielern oder Leuten, die sich einfach nur fit halten. Fast alle davon sind schon über 50 aber fit wie ein Turnschuh und können Dinge, von denen ich nur träume. Da sieht man hier einen Grauhaarigen, der sein Bein ohne sichtliche Anstrengung im 160° Winkel gen Himmel streckt oder da zwei Omis, die Badminton spielen und eingesprungene Smashs hinschlagen, wie man sie sonst nur von Olympia kennt. Jüngere Generationen sieht man allerdings kaum und wenn, dann haben sie sich dem GongFu verschrieben. Alle Chinesen sind dabei total aufgeschlossen und haben uns regelmäßig zum mitmachen motiviert. Als wir diesem Schauspiel folgten, haben wir allesamt den Mund nicht mehr zubekommen. So möchte ich alt werden. Wenn ich im höheren Alter noch so heiter und so beweglich wäre, dann wäre ich glücklich.
Die ganz krasse Variante des Körperfanatismus haben wir in einer Akrobatik-Show gesehen, wo Dinge gezeigt wurden, die ich für anatomisch nicht möglich hielt. Angefangen von den klassischen Tellerdreherinnen über Kartentricks bis hin zu einer Jungenriege, die an Stangen turnte, gab es allerlei zum Staunen. Am meisten beeindruckt hat mich ein etwa zehnjähriges Mädchen, welches über zehn Minuten im einarmigen Handstand Verränkungen zeigte. Ich hoffe, dass bald folgende Photos etwa einen Eindruck geben können.

Mama in China

Vom 13. bis zum 26. November hat mich meine Mama in China besucht, was für mich eine sehr erholsame Urlaubszeit war. Mit ihr zusammen habe ich erstmals über den Tellerrand von Peking hinausgeschaut. Wir sind zum Beispiel in den kaiserlichen Vergnügungsort ChengDe gefahren. Hier habe ich China von einer ganz anderen Seite kennengelernt. Es war äußerst ländlich und für chinesische Verhältnisse fast menschenleer. An Touristenattraktionen konnten wir die Besucher regelmäßig an zwei Händen abzählen (vielleicht auch wegen der winterlichen Kälte) und es war um einiges entspannter als in Peking, wo man alle drei Schritte von Händlern angesprochen wird. Hier wurde mir bewusst, wie zurückgeblieben China doch eigentlich auch noch ist. 85% der Bevölkerung sind Bauern und Peking ist ein riesengroßes Ausnahmegebiet. Sobald man die Stadtgrenze überschreitet, sieht es ganz anders aus mit Reichtum und Fortschritt. Dadurch, dass der Tourismus hier nicht so ausgeprägt ist, ist der Umgang mit Chinesen viel freundlicher. In Peking wird man doch häufig übervorteilt oder leider auch beschissen. Hier wurden wir herzlich empfangen und bekamen zum Beispiel in JinShanLing eine etwa dreistündige, prinzipiell kostenlose Führung auf der Großen Mauer. Aus Dank haben wir anschließend den zwei freundlichen jungen Frauen etwas abgekauft, sodass alle glücklich waren. Zurück in Peking haben Mama und ich mir noch unbekannte Orte erkundet und waren etwas mutiger bei der Essensauswahl (leider meist mit wenig Glück), an Spieße mit zappelnden Skorpionen haben wir uns aber noch nicht getraut. Muss ich noch nachholen mit den Lukassen ^^