Montag, 15. September 2008

Wochenende in Beijing

Dieses Wochenende war es endlich soweit: Wir haben beide Tage in Beijing verbracht und haben es uns echt gut gehen lassen. Samstag früh nach dem Frühstück sind wir mit dem Taxi Richtung LangFang gefahren, um dort dann mit Bus weiterzuzuckeln. Taxifahren ist ein Erlebnis für sich, was immer wieder neu schockt. Entweder sitzt der Taxifahrer in einem regelrechten Käfig, der vor Übergriffen schützen soll, oder es ist ein sehr freizügiges Taxi mit Kondomen und Strip-TV hinter der Sonnenblende. Wir sind mit so einem Suzuki gefahren, der höher als breit ist und in China überall zu sehen ist. Angekommen in Beijing haben wir uns auf die Suche nach einer Jugendherberge gemacht. Leider war die JH, die wir uns ausgeguckt hatten, schon ausgebucht, sodass wir wirklich erst suchen mussten. Da wir aber in der Nähe vom Platz des Himmlischen Friedens waren, waren wir in einem sehr touristischen Viertel, wo es JHs wie Sand am Meer gibt. Der zweite Versuch scheiterte aber an der Tatsache, dass DaLu (das ist der große Lukas) seinen Pass vergessen hatte. Für Hotelbuchungen muss man in China jedesmal sein Visum vorzeigen. Fabian, Matthias und ich haben ja nun seit einer Woche keinen Pass mehr, der liegt nämlich bei der Polizei. Glücklicherweise hatten wir mit unserem Wisch von wegen Verlängerungsantrag aber keine Probleme. Schließlich haben wir eine JH gefunden, die es da nicht ganz so genau genommen hatte. Ich bin wieder mit minimalen Erwartungen herangegangen, zumal wir in einem Schlafsaal untergebracht wurden. Allerdings wurde ich sehr positiv überrascht und das Hostel entpuppte sich als ein historisches chinesisch eingerichtetes Häuser-Ensemble mit Höfen und vielen Pflanzen und vielen kleinen Dächern und Lampions, was alles sehr viel Charme hatte. Unser Zimmer war dann ein 6-Bett-Zimmer, was wir zu fünft bezogen. Die Nacht kostete uns 7 Euro in einem sehr touristischen Gebiet. Wir waren im letzten historisch erhaltenen Viertel Beijings. Hier gab es noch viele alte Häuser aus grauen Backstein mit roten verwinkelten Holzdächern und vielen engen verzweigten Gassen. Es herrschte ein reges Treiben auf der Straße und man sah erstmals Westler. Alles was nicht mehr erhalten war, wird hier nach und nach wieder zurückgebaut, sodass das Viertel sehr romantisch ist trotz der ganzen Geschäftigkeit. Leider hatte meine Kamera keinen Strom mehr, so dass ihr auf Photos erst einmal warten müsst. Aber ich will da unbedingt nochmal hin. In dem Viertel, was offensichtlich vom Tourismus lebt, haben wir nun auch ein günstigen Schneider gefunden, wo wir uns traditionelle chinesische Trachten besorgen können. Ich werde mir einen traditionellen Kung Fu Anzug nähen lassen. Unser Tagesausflug führte uns dann zum Platz des Himmlischen Friedens. Dabei ist mir erstmals bewusst geworden, wie groß Beijing wirklich ist. Normalerweise bin ich es von europäischen Städten gewöhnt, dass man alle Distanzen bequem laufen kann. Hier haben wir für einen Zentimeter auf der Karte fast eine Stunde gebraucht. Auf den Platz zu kommen erwies sich auch als schwer, da er komplett abgeriegelt ist und man erst durch Security geschleust wird. So oft, wie mein Rucksack hier schon durchleuchtet wurde, wundere ich mich, dass er noch nicht leuchtet im Dunkeln. Die Polizeipräsenz hier auf dem Platz war ziemlich überwältigend. Eigentlich sieht man in ganz China kaum einen Hektar ohne einen Polizisten. Vielleicht auf dem Feld, aber da werden dann auch gleich Drogengeschäfte abgewickelt. Der Platz war total langweilig. Durch den ganzen Olympiaschmuck wirkte er nicht mal so groß. Das Mao-Mausoleum hatte leider zu, also müssen wir das noch nachholen. Wir haben uns dann die sozialistischen Kunstwerke angesehen und uns über die Armisten lustig gemacht, die im Stechschritt festen Linien folgen, die auf dem Boden gemalt sind. Anschließend setzten wir uns zu den vielen Tausend Chinesen, die hier auf den Platz chillten und wahrscheinlich patriotisch auf den Fahnenappell warteten. Zögerlich kam eine Chinesin auf uns zu, und wollte ein Photo mit uns machen. Etwas kecker kam dann die zweite und nach kurzer Zeit waren wir von Chinesen umringt, die nach einen Photo mit uns anstanden. Inzwischen waren Einzelporträts mehr gefragt, wo XiaoLu (der kleine Lukas, den ich schon vorher aus Berlin kannte) am beliebtesten war. Sein Piercing, sein Tattoo und seine gefärbten Haare machen ihn für Chinesen unwiderstehlich ^^. Fabian und Matthias hatten wieder gar keinen Spaß daran, aber wir drei haben es sehr genossen. Das Phänomen zog sich den weiteren Tagesverlauf fort und es war mal wieder auffällig, wie man als Westler angestarrt, bewundert, umworben wird. Noch bin ich in der Phase, wo ich das genieße und mich darüber amüsiere, aber ich kann mir schon vorstellen, dass das irgendwann nur noch nervt, zumal das nie abebben wird. Aber ich fand das auch schon in den USA so toll, special zu sein, auch wenn das da ganz anders war. Am Abend trennten sich dann unsere Wege. DaLu, XiaoLu und ich wollten ins Beijinger Nachtleben eintauchen, was ich später berichten werde. Fabian und Matthias haben ihr eigenes Ding gemacht.
Sonntag haben wir dann ausgeschlafen und ein Continental bzw. American Breakfast genossen, was eine gute Abwechslung zu Reis und Gemüse war. Wir drei, fertig von der durchzechten Nacht, haben uns dann auf dem Weg nach Hause gemacht, zumal Montag das Mondfest ist, ein großer Feiertag in China, wo wir in der Einrichtung sein wollten. Ganz gechillt sind wir noch durch Beijing geschlendert, haben die Nacht vorher reflektiert und erstmals festgestellt, wie gut es uns doch eigentlich hier geht (wäre da nicht die Sache mit dem Geld, was uns hier echt durch die Finger rinnt. Dadurch, dass hier alles so viel billiger ist, leistet man sich einfach so viel). Die negativen Kulturschocks sind jedenfalls beseitigt und durch das WE haben wir wieder ein riesen Motivationsschub fürs Chinesisch lernen bekommen. Inzwischen kommen wir auch ziemlich gut klar mit der Kommunikation, auch wenn es an allen Ecken hapert mit der Sprache. Aber Chinesen sind fürchterlich nett und geduldig. Zu Fremden jedenfalls. Chinesen unter sich sind wie Aasgeier. Beim Einsteigen in den Bus wird geschubst und gedrängelt, was das Zeug hält. Wir wurden aber immer großzügig vorgelassen, was uns oft unangenehm ist. Im vollen Bus auf der Heimfahrt wurde eine provisorische Sitzreihe aufgemacht, indem 4 Mülleimer umgedreht in den Gang gestellt wurden.
Jetzt sitze ich hier und schreib an meinem Blog mit Freudentränen in den Augen. Diese beiden Tage haben meine Erwartungen derart gesprengt und ich habe mich so sauwohl gefühlt, dass ich Angst habe, dass das nicht mehr zu toppen ist. Ich bin so froh, dass alles erleben zu dürfen.

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